Ein vorlauter Schöffe
Während meines Referendariats war ich ganz am Anfang einer Strafrichterin zugeteilt. Strafrichter ist ein mit nur einem Richter besetzter Spruchkörper am Amtsgericht. Der Strafrichter ist zuständig für Verfahren, bei denen es um Vergehen geht und die Straferwartung unter zwei Jahren liegt. Soll es um mehr gehen, also um zwei bis maximal vier Jahre Freiheitsstrafe, Vergehen oder Verbrechen, so muss das Gericht als Schöffengericht tagen. An diesen Tagen kamen also immer noch zwei Schöffen für die Verhandlung dazu. Während der Hauptverhandlung üben die Schöffen das Richteramt in vollem Umfang mit gleichem Stimmrecht wie der (Berufs-) Richter aus. Man ist dann also Richter ohne auch nur einmal eine Rechtsvorlesung gehört zu haben. Dies ist jetzt alles nur sehr vereinfacht dargestellt und es gibt da natürlich noch eine Menge Dinge die hier erwähnt werden könnten / müssten, aber ich will ja keine Vorlesung im Strafrecht abhalten. Das alles ist ja nur die Einleitung.
Es tagte also das Schöffengericht. Dabei ging es unter anderem um mehrere Fälle von Schwarzfahren. Die Juristen nennen das allerdings ganz langweilig „Erschleichen von Leistungen“ (§265a StGB). Es wurde also verhandelt und dann zog sich das Gericht zur Beratung zurück. Doch dann passierte es. Es folgte nicht etwa ein Urteil, nein, das Verfahren wurde unterbrochen. Es musste ein neuer Schöffe gefunden werden und das komplette Verfahren wiederholt werden!
Was war passiert? Während der Beratung teilte einer der Schöffen mit, dass mit dem Schwarzfahren fände er nicht so schlimm, er mache das auch öfters und sei nicht mal sicher, ob er auf der Fahrt zum Gericht eine Fahrkarte gelöst habe. Da war bei der Richterin aber Schluss mit lustig. Sie erklärte die Beratung sofort für beendet und teilte das weitere Vorgehen den übrigen Beteiligten umgehend mit.
Der Schöffe wurde wegen Befangenheit ausgeschlossen. Da aber alle entscheidenden Richter an der Verhandlung von Anfang an teilnehmen müssen um ein Urteil zu fällen und nun ja ein Richter (Schöffe) fehlte, musste das Verfahren mit neuen Schöffen noch einmal komplett durchgeführt werden.
Das alles wegen einer unbedachten Bemerkung. Wer sich für das Schöffenamt interessiert, kann hier eine Broschüre mit allen wichtigen Informationen herunterladen.